Freitag, 6. Juli 2012

05.07.2012

Keine Beleidigung würde mich so hart treffen wie ein misstrauischer Blick von meinem Hund
                      James Gardner

Hi Paulotelli, sportsman,

ich muss gleich mit einer Belehrung beginnen: Du hast die arme Frau, die Angst hatte, bestimmt missverstanden! Wenn sie sagte, sie hätte Angst vor "so" einem großen Hund wie Dir, dann meinte sie sicherlich, dass sie Hunde mit einer Schulterhöhe von ca.43cm fürchtet! Ich glaube nicht, dass sie bei meinem Anblick gebibbert hätte. Dazu Deine ausgeprägten Muskelpakete und kein Gramm Fett - man konnte im Fernsehen bei "Balotelli" sehen, wie einschüchternd ein solcher Body wirkt. Echt!

Außerdem weißt Du doch, Körpergröße allein macht keinen Respektshund aus:
Kann mir mal einer helfen? Lisa lässt mich nicht vorbei...
Also trainiere kräftig weiter und höre genau zu, was die Zweibeiner sagen. Mit der Sprache der Menschen ist es nämlich ähnlich wie mit unserer Körpersprache, man muss auf kleinste Nuancen achten, wenn man sein Gegenüber verstehen will.

Mein Frauchen versucht ja zur Zeit, mehr und mehr das Hundsein zu verstehen. Dabei ist sie in einem Buch auf ein interessantes Thema gestoßen, und ein Lehrbeispiel ist .......DER PUDEL!

Nicht dass es mich in Erstaunen versetzen würde, aber mit Hilfe eines Rudels von Wölfen und Pudel sowie deren Nachwuchs, wurde der Einfluss der Domestikation auf uns Haushunde überprüft. Das Buch heißt: "Ausdrucksverhalten beim Hund" und wurde von Dr. Dorit Urd Feddersen-Petersen verfasst.

Ein Kapitel befasst sich mit domestikationsbedingten Veränderungen im Ausdrucksverhalten der Haushunde. Die Autorin bemängelt, dass die Menschen uns Hunde zu sehr in die Zucht nehmen. Das bedeutet, dass wir Hunde durch menschliche Schönheitsbegriffe unserer Kommunikationsmöglichkeiten beraubt werden. Besonderheiten im Exterieur wirken signalverarmend: Ausgeprägte Hängeohren lassen nur noch Ohrwurzelbewegungen zu, faltenreiche Gesichter nehmen Nasenrückenrunzeln seinen Signalwert, starke Belefzung machen Lippen- und Mundwinkelbewegungen mit Signalcharakter schwierig bis unmöglich. Deshalb sagt auch sie, wie wichtig es ist, dass wir Hunde im Welpenalter mit unterschiedlichsten Rassen in Welpenspielstunden konfrontiert werden. Nur so können "Verständigungsprobleme" minimiert werden. Ein Beispiel ist der Mops. Ihm wurde ein "Dauerkindchenschema" verpasst, er hat jetzt keine richtige Schauze mehr, über die sein Gegenüber während heißer Diskussionen greifen könnte.

Ich muss aber anmerken, dass ich sehr wohl verstehe, wenn Ashley seine starke Belefzung anhebt und mir den Marsch bläst. Ob es an der guten Hundeschule liegt??

Kommen wir aber zu den Pudel-Wölfen. Da wurden also Pudel verschiedener Größenschläge mit Wildcaniden in ein Rudel gepackt und ohne menschliche Einwirkung gehalten. Es ist die Lebensgeschichte von 9 Pudelwolfhybriden, die seit frühester Jugend mit ihren Elterntieren zusammenlebten. Das Hauptaugenmerk wurde auf individuelle Ausdrucksbesonderheiten durch Vergleiche mit den Ausgangsformen Wolf und Pudel gelegt.

Die Bestimmung der Rangordnung wurde durch vier Interaktionstypen ermittelt:

- Erfolg bei agonistischen Begegnungen
- Priorität bei der Nutzung begrenzter Ressourcen
- Bereitschaft zum Ausweichen gegenüber anderen Individuen
- Hemmungswirkungen bestimmter Individuen auf andere

Bevor wir uns an das Ausdrucksverhalten machen, ein Blick auf das Aussehen der Pudelwölfe. In der ersten Nachzuchtgeneration gab es noch eine gewisse Uniformität der Wurfgeschwister, aber schon die zweite Nachzuchtgeneration war sehr uneinheitlich. Ein Puwo sah aus wie ein Labrador, einer wie ein Puli, einer ähnelte einem Boxer und einer einem deutsch Drahthaar. Die Pudelwölfe besaßen dem Wolf gegenüber, bedingt durch ihr Äußeres, verringerte Ausdrucksmöglichkeiten.

Jetzt die Überraschung: Die Individuen des Rudels mit niedrigem Sozialstatus zeigten ein signifikantes Überwiegen wölfischer Ausdrucksweisen. Ein Anstieg der agonistschen Verhaltensweisen der Pudel gegenüber den Wölfen war von Anfang an die Regel. Wölfe zeigten zunehmend Beschwichtigungsgesten und ordneten sich unter. Und das blieb auch nach der Geschlechtsreife so. Die Autorin fragte sich, ob wohl das Phänomen der Nichtbeachtung der feinen und graduierten wölfischen Mimik den Pudeln ihren leichten sozialen Aufstieg ermöglichte. Jetzt muss ich zitieren, denn, Poahly, das Folgende spricht nicht für uns Haushunde: "Reaktiv auf die vielen feinen wölfischen Gebärden pflegten sich die Pudel auf die Wölfe zu stürzen und beißzuschüttlen. Dazu wurde häufig gebellt. Auf wölfisches Mimikspiel erfolgte reaktiv überwiegend agressives Verhalten. Möglicherweise konnten Pudel dieses "Grimassieren" nicht als Spiel decodieren?" (S.269)

Das sitzt!

Aber sie tröstet uns auch. Verkürzt dargestellt, entschuldigt sie unsere reduzierten Fähigkeiten in der Kommunikation ja mit der optischen Ausdrucksreduktion. Und sie sagt, dass wir den Wölfen eindeutig überlegen sind im Zusammenleben mit den Menschen. Wir sind auf diesem Gebiet anpassungsfähiger, und darauf kommt es (für uns) an.

Poahly, sonst geht es mir gut. Beim Hundesport bin ich zwar das letzte Mal im hohen Bogen vom Steg geflogen und lag flach auf dem Boden. Mein Frauchen hat mich aber nicht getröstet, sondern gesagt, wie  toll das war, und dass es wir gleich nochmal (ohne Flugeinlage) machen. Sie hatte recht, es war toll!

Beim Longieren üben wir das Arbeiten mit zwei Kreisen. Unsere Frauchen wechseln von einem in den anderen Kreis und wir laufen einmal eine "Null" und einmal eine "acht". Wir Hunde müssen uns sehr konzentrieren. Wenn man aber ein Frauchen besitzt, das beim Kreiswechsel nicht mal mehr weiß, welche Hand die Führhand ist, stehen bleibt und mit einem großen Fragezeichen im Gesicht abwechselnd ihre Hände anschaut - Poahly, da kann selbst ein überdurchschnittlich begabter Hund wie ich nichts mehr machen.

Wir üben weiter!

Letti




 

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