15.04.2010

Lieber Paul,
 
ach, ich beneide Dich um Deine Familie! Alle sind um Dich besorgt und für Deine Ausbildung bringen ist kein Opfer zu groß; viele Leckerchen, nur um "schau" zu vertiefen - toll!
 
Und Mira schießt den Vogel ab, weil sie sich in ihrem Alter noch als "Dummy" zur Verfügung stellt (hat Dein Frauchen verraten) - sagenhaft! Es macht ihr also nichts aus, durch die Luft geschleudert und von Dir wieder apportiert zu werden? Wo ist denn ihr Reißverschluss, der nach dem Zurückbringen geöffnet werden kann, damit man sich ein paar Leckerchen als Belohnung entnehmen darf? Darf ich mal mit üben? Lisa, die Egoistin, ist konsequent dagegen, mich auch nur annähernd so großzügig zu unterstützen.
 
Ich bin momentan bei meinem Rudel unten durch. Am Samstag waren wir noch gemeinsam spazieren, danach gab es ein karges Mahl und dann sollte ich schlafen, während die andern im Gemüsegarten Löcher gruben und kleine essbare Pflänzchen in der Erde versenkten. Ich durfte nicht mit, weil ich beim letzten Mal so mit Ashley im Garten getollt habe, dass er die Böschung herab gekullert ist und dabei den Schutzzaun mitgenommen hat. Es zerbrach ein Zaunpfosten und Ashley landete wie ein Maikäfer auf dem Rücken im Erbsenbett. Beim Aufrichten ist er noch über die ein oder andere Sämerei gelaufen und hat sie ordentlich "festgetreten".
 
Gut, also wir sollten im Haus bleiben, ich war aber noch nicht müde. Also habe ich mich wieder der Hühner angenommen und danach Paprikapflänzchen (nicht alle!!) pikiert. Nach ihrer Gartenarbeit hat mein Frauchen dann gegen alle Regeln der Hundeerziehung verstoßen (meine Aktionen waren vor weit mehr als 3 Sek passiert), mich ausgeschimpft und in die Ecke geschickt. Sie hat mich, wie Ashley, mit einem Griff flach gelegt und hörte sich nicht mal meine Erklärungen an. Ohne die lästigen Hühnerattrappen wirkt unser Haus doch viel großzügiger, der Raum ist jetzt wesentlich besser gegliedert. Wer will Paprika essen? Ein getrocknetes Rindermaul zieht doch jeder, der einigermaßen bei Verstand ist, vor. Oder etwa nicht?!? Sie hat mich dann noch aufs Glatteis geführt und hielt mir ein unvollständig bearbeitetes Stück Holzhuhn vor die Nase. Ich wollte meine Nachlässigkeit sofort korrigieren, da schreit sie mich wieder an. Eine halbe Stunde später fing sie auch noch an, "hier" und "sitz" zu rufen. Aber "Denkste, Puppe", genug ist genug!
 
Als Trostpflaster hätte ich mir eine kleine Schwester gewünscht, denn da, wo ich her komme, gibt es einen Welpen, der fast so schön ist wie ich. Nur ist bei der Kleinen der schwarze Fleck auf  der anderen Seite des Gesichts. Wir würden so gut zusammenpassen! Aber nicht mal mein verrücktes Frauchen hat dazu ein Wort geäußert, vom Herrchen kam nur ein ganz gequältes Lachen aus einem angstverzerrtem Gesicht.
 
Mein Frauchen hat statt dessen zwei Störe für den Gartenteich gekauft. Sie findet sie schön, hat aber im Internet recherchiert und muss sich jetzt Tierquälerin schimpfen lassen (nach meinen Erlebnissen vom Wochenende finde ich das nicht so überraschend...). Bislang schwimmen die zwei lustig im Teich herum. Der eine hatte zunächst etwas Eingewöhnungsschwierigkeiten und musste mehrfach vom Teichrand zur Teichmitte geleitet werden. Vor dem nächsten Einkauf - das musste das Frauchen mir versprechen - wird zuerst im Internet nachgelesen.
 
Meine Verletzung am Bein wird etwas besser. Das wilde Fleisch ist zwar abgeschwollen, aber die Haut bildet sich nicht zurück und hängt herunter. Mittwoch führen wir es wieder bei meinen Freundinnen vor. Alle reden von "abschneiden", das stelle ich mir sehr schmerzhaft vor. Vielleicht bekomme ich dann auch ein paar von den wertvollen Kügelchen, die jetzt nur Ashley fressen darf. Die heißen übrigens Antibiotikum und sind gar nicht so groß. Und weil sie so klein sind, darf Ashley so viele davon auf einmal fressen und mein Frauchen muss dafür so viele Papierscheinchen hergeben.
 
Ich finde übrigens toll, dass Du Dich nicht für Jogger und Radfahrer interessierst. Ich möchte mir am Liebsten alles aus der Nähe anschauen. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass irgendwann einmal ein Doggenfeund dabei ist. Lisa ist übrigens wie Mira. Neulich sind wir spazieren gegangen, und ausgerechnet unserem Weg kam ein Riesentraktor mit einem Riesenanhänger, auf dem ein Riesenbagger stand, gefahren. Ashley und ich standen bei unserem Frauchen am Rand des Ackers, Lisa lief seelenruhig auf der Straße weiter. Das Fahrzeug musste halten, Lisa trödelte weiter. Der Traktorfahrer brüllte mein Frauchen an, Lisa lief ganz dicht an den Reifen (Durchmesser 2 m) vorbei. Mein Frauchen kochte vor Wut... Gut, dass es auch mal andere trifft.
 
Grüße an den Traum aller sensiblen

 
Scary Scarlett  (Scarlett - Sterlet.... vielleicht doch nicht so falsch, zwei davon in den Teich zu setzen)