Dienstag, 11. Oktober 2011

11.10.2011

Der Verstand und die Fähigkeit ihn zu gebrauchen, sind zweierlei Fähigkeiten
                                   Franz Grillparzer

Hi, Paolo!

Ich konnte Dir eine Weile nicht schreiben, weil mein Frauchen ständig den Laptop blockiert hat. Bei uns stehen große Veränderungen bevor, unser Zweibeiner-Welpe zieht in Kürze um. Mein Frauchen (und auch das Herrchen) sind deshalb ganz angespannt. Mein Frauchen versuchte nun, ihre Nervosität zu kompensieren, indem sie eine Menge über unseren Zweibeiner geschrieben hat. Er ist ja auch toll. Aber ich kam einfach nicht ans Gerät, und das ist doch auch nicht richtig!

Dabei ist doch der Auszug der Jungtiere eine ganz natürliche Sache. Bei unseren Vorfahren, den Wölfen ist das ganz klar geregelt. Ein Wolfsrudel in Freiheit besteht aus dem Elternpaar und dessen Nachwuchs, den es nur einmal im Jahr gibt. Wenn dieser mit zwei Jahren geschlechtsreif wird - ganz schön lahm-a..., diese Wölfe - sucht er sich ein neues Territorium. Im Vorjahr packt er bei der Aufzucht des Geschwisterwurfs mit an, damit die Elterntiere nicht überfordert sind. Schließlich müssen sie noch das Futter beischaffen und aufpassen, dass nichts passiert. Die Elterntiere sind grundsätzlich dominant gegenüber ihrem Nachwuchs, deshalb gibt es keine Rangkämpfe und auch keine Inzucht. Der Rudelchef würde sich nie mit seinen Töchtern paaren.

Bei uns Haushunden ist das schon etwas anders. Wir "könnten" zweimal im Jahr für Nachwuchs sorgen, und soo genau nehmen wir es auch nicht mit den Familienverhältnissen, wenn uns ein Beau oder eine Belle über den Weg läuft. Wir kümmern uns für ein paar Wochen um unsere Welpen, bringen ihnen die wichtigsten Dinge bei und dann heißt es: "Tschüss!". In den ersten zwei Lebenswochen von uns Haushunden reifen erstmal die Sinnesorgane aus und es sollten sich wenigstens die bescheidensten motorischen Fähigkeiten entwickeln. Dann beginnt die Sozialisierungsphase gegenüber unseren Artgenossen, ca. in der 3.-8. Lebenswoche, danach die Sozialisierungsphase gegenüber den Menschen, 5.-12. Lebenswoche. Während dieser Zeit erlernen die Kleinen neue Verhaltensweisen, die Körpersprache von Hunden wird ihnen erklärt. Über spielerisches Beißen und Bellen lernen sie Benimm, sie lernen die Beißhemmung kennen und zu befolgen. Das schwierigste Unterrichtsfach wird wohl das Verstehen der menschlichen Körpersprache für die Welpen sein. Aber, wenn in dieser Zeit Fehler gemacht wurden oder keine richtige Sozialisierung stattfinden konnte, dann "Gute Nacht, Marie!".

Und, Poahly, wenn man es gut mit uns meint, müssen wir ein Leben lang weiterlernen. Denn: "Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist!" Henry Ford

Bei uns Hunden ist "der Kääs in ca. 12 Wochen gegesse". Mein Frauchen hat nun schon 16 Jahre an ihrem Welpen herumerzogen, jetzt muss sie ihn auch mal ziehen lassen.

Aber zurück zu uns! Ich muss Dir doch unbedingt schreiben, wie klasse ich Dein Spaßturnier fand. Du hast Deine Aufgaben genial gelöst und wenn Dein Frauchen mal gepatzt hatte, z.B. als die Schubkarre kippte (ich konnte echt kaum hinsehen!), hast du die Sache gleich ausgebügelt. Ich würde ja auch gerne mal in einer Schubkarre fahren, aber mein Frauchen hat keine Lust dazu. Dabei, so schwer bin ich doch gar nicht (und auf das Thema Gewicht komme ich später noch mal zurück).

Ich habe noch weiter am Longieren gefeilt. Bei Ashley und bei mir wurde das Kreislaufen aufgepeppt. Es wurden Hürden und Reifen aufgestellt, später kommt der Tunnel auch noch dazu. Dann müssen wir uns nicht nur auf das konzentrieren, was unser Frauchen uns aus der Ferne zu ruft. Wir müssen zusätzlich auf Kommando über/durch die Geräte springen. Das bringt Abwechslung in den Kreis-Alltag. Und, weil das noch immer nicht genug ist, werden die Geräte von der Kreislinie abgerückt. Wir Hunde müssen dann gezielt von unseren Frauchen weglaufen und über die Hürde springen und wieder zurück kommen. Alles auf Anweisung eines in Entfernung stehenden Frauchens. Wow! Da staunst Du, was? Ich weiß, Weglaufen ist nicht so das Riesenproblem. Aber wir sollen ja nicht dahin rennen, wo es uns gefällt und wann wir wollen. Sondern direkt zum gewünschten Gerät und wieder schnurstracks zurück.

Damit uns dabei nicht langweilig wird, haben wir in den letzten zwei Stunden mal etwas anderes gemacht. Du wirst es nicht glauben, das Andere war "shaping". Ob unsere Lehrer in der letzten Zeit gemeinsam eine Fortbildung gemacht haben? Lustig war es aber. Wir haben mit einem Brettspiel, mit winzigen Bällchenbecken und mit Autoreifen gearbeitet, dabei wurden unsere taktilen Sinne angesprochen.Wir sollten von alleine auf einen sehr durchlässigen Holzsteg balancieren und wurden erst belohnt, wenn wir ihn ohne Aufforderung berührt hatten. Bei meiner Größe waren die Holzleisten eher ein Mikado, aber ich habe ziemlich schnell begriffen, was mein Frauchen von mir wollte. Ashley empfand die Leisten eher als Zahnstocher. Er begnügte sich damit, sie mit seinen Vorderpfoten zu berühren. Durch die (leeren) Wasser/Bällchenbecken durften wir zwei schreiten, Ashley konnte beim besten Willen nicht seine vier Pfoten in einem Becken unterbringen. Aber der Hammer waren die Autoreifen. Zweimal 3 Reifen in einer Reihe und wir durften nie den Boden berühren, sondern nur auf dem Gummi laufen. Und jetzt komme ich auf mein Gewicht zu sprechen. Als Dame verschweigt man es zwar lieber, aber die Autoreifen haben unter meinen mehr als 60kg ziemlich nachgegeben. So hatte ich nicht nur schmale Gummistreifen, auf denen ich mich entlang hangeln durfte, nein, diese sind auch noch unter mir eingesunken. Das war so wacklig, echt krass. Und das Frauchen durfte mich ja nicht mit einem Leckerchen locken. Nein, erst als ich von alleine los bin, gab es eine Belohnung (wem erkläre ich das!). Ich habe es aber geschafft, während Ashley es bei einer Berührung mit einer Pfote belassen hat. Die anderen Frauchen hatten aber vollstes Verständnis für uns, alle sagten, dass wir großen uns viel mehr Mühe geben müssten und auch mehr Mut bräuchten.

Das Schönste aber war für mein Frauchen, als eine ihrer Kolleginnen mich streichelte und ganz zärtlich "Du Große" zu mir sagte. Sie erklärte uns beiden, dass sie sich früher keine Gedanken über Hunderassen gemacht und sich nie mit Deutschen Doggen beschäftigt hätte. Aber seit sie mich kenne, wolle sie auch eine Dogge haben. Mein Frauchen war echt gerührt! So ein Lob hören wir selten.

So, Paolo, genieße das dolce vita. Bin mal gespannt, was ich in Kürze an Modeneuheiten aus Mailand zu Gesicht bekomme!

Shaping Letti

Denn es ist nicht genug, einen guten Kopf zu haben; die Hauptsache ist, ihn richtig anzuwenden.
       René Descartes

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