Freitag, 28. Oktober 2011

28.10.2011

Gute Erziehung besteht darin, dass man verbirgt, wieviel man von sich selber hält und wie wenig von den anderen!
                                                                Jean Cocteau

Hallo Poahly,

meine Güte, hattest Du aufregende Urlaubstage in bella Italia. Und gefährliche noch dazu. Ich überlege ernsthaft, ob ich Dir mal Ashley als Beschützer mitgeben sollte. Er hätte dem Haushund schon beigebracht, was gute Erziehung bedeutet (s.o.), echt! Neulich in der Hundeschule hat ein übermütiger Jüngling Ashley in den Brustkorb gezwickt. Ich wäre wahrscheinlich ausgerastet! Aber Ashley hat ihm nur in die Augen geblickt und kurz gebrummt - ohne die Lefzen auch nur einen Millimeter anzuheben. Darauf gab der Heißsporn Fersengeld (wie nennt man eigentlich die Ferse von uns Hunden?) und lässt Ashley seitdem in Ruhe.

Ein Problem für Ashley wäre aber die weite Anreise in Deiner Kiste. Es soll bei den Menschen Schlagenmenschen geben, die sich in kleinste Behältnisse hinein zwängen und dafür viel Applaus im Zirkus bekommen. Man müsste vor Eurer Abfahrt vielleicht einen solchen Spezialisten kontaktieren. Aber wenn Ashley das mal beherrscht, dann haben wir noch eine Supernummer für unseren eigenen Zirkus.

Unserem "Gastschreiber" Harald Martenstein kann ich nur recht geben. Es gibt wirklich nichts Informativeres als Ausscheidungen von Lebewesen. Ich bin zwar nicht unbedingt seiner Auffassung, dass man solch wichtige Dinge mit einer Plastiktüte entsorgen muss. Aber sensorische Analytik ist eine wahre Goldgrube. Neben der taktilen Untersuchung sollte sich Martenstein überlegen, wieviel Informationen er zusätzlich durch eine kleine Kostprobe beim Schmecken sammeln könnte... Damit läge er auch auf einer Linie mit Wagner, dem Famulus Fausts, der in Goethes Faust 1 sagte: "Mit Eifer habe ich mich der Studien beflissen, zwar weiß ich viel, doch möcht ich alles wissen.".  Ich studiere zur Zeit wieder sehr intensiv das Pipi der vielen läufigen Hündinnen, die unterwegs sind - mit wirklich alles meinen Sinnen. Das Frauchen regt sich dann furchtbar auf, ich verstehe das nicht.

Wenn Du mal Zeit hast, musst Du Dir im Internet die Seite des Doggenzwingers vom Breidbach anschauen. Dort leben Doggen zusammen mit zwei Kleinpudeln, einem Erpel und Katzen. Die Katze hat sich auf einem Bild um das Bein der Dogge gewickelt ... oder hat vielleicht doch die Dogge ein kleines bisschen nachgeholfen? Die Katze hat jedenfalls eine ähnliche Körperhaltung wie die italienische Version, die Du mir geschickt hast. Die hat mir voll gefallen!

Da mein Frauchen letzte Woche nicht mit uns in der Hundeschule war, hat sie uns das Hütchenspiel beigebracht. Dabei stellt sie auf der Terrasse verschiedene Becher kopfüber auf. Nur unter einem der Becher ist etwas Leckeres versteckt. Zuerst hat sie auf den richtigen Becher gedeutet um uns zu helfen. Dann schaute sie nur noch zu dem Glücksbecher hin. Wir mussten sie genau beobachten und sollten davon müde werden (hahaha). Ashley hatte sich natürlich gleich vorbildlich angestellt. Nur bei drei Bechern verlor er etwas den Überblick. Ich hatte dagegen ein paar mehr Probleme. Zuerst wollte der blöde Becher nicht umfallen, obwohl ich ihn über die halbe Terrasse geschoben habe. So kam ich nicht an das Leckerchen - übrigens Hirschzunge, dafür lohnt es sich zu kämpfen. Dann habe ich die Sache mit etwas mehr Schmackes angegangen. Der Becher flog vier Meter weit und als ich zu ihm aufgeschlossen hatte, lag kein Leckerchen in seiner Nähe. Das lag exakt vier Meter hinter mir. Komisch, findest Du nicht auch?!? Mittlerweile weiß ich aber, dass ich etwas langsamer zu dem Becher rennen muss und ihn auch nur sachte antippen sollte. So konnte ich einige Köstlichkeiten ergattern. Müde war ich eher nicht.

Auch wenn Ashley in dem Fall der Klügere war, eifere ich ihm nicht nach. Ich halte mich mehr an Judy Garland: "Sei eine erstklassige Ausgabe deiner selbst, keine zweitklassige von jemand anderem." . Und Charlie Rivel  bestärkt mich: "Jeder (Mensch) ist ein Clown, aber nur wenige haben den Mut, es zu zeigen!".

Nachdem mein Frauchen in mehreren Telefongesprächen gesagt bekam, dass sich unser Zweibeinerwelpe in dem neuen Umfeld sehr wohl fühlt, ist sie mit uns wieder in die Hundeschule gegangen. Poahly, gestern war es mega-anstrengend. Weil es jetzt dunkel ist, können wir nicht mehr longieren. So arbeiten wir mit einer anderen Gruppe zusammen. Da ist auch ein Dackel dabei, der mag mich richtig gerne.

Also, gestern haben wir Abrufen unter Ablenkung geübt. Wir mussten ständig auf unser Frauchen achten, angeleint und im Freilauf.  Derweil sprang einer der Hunde unserer Lehrerin durch die Menge oder er wurde mit einem "Hiiier" gerufen. Und wir durften ihm nicht nachlaufen... Der Vorteil an der Sache war, dass wir ordentlich "entlohnt" wurden, wenn wir unseren Frauchen durchgehend in die Augen blickten. "Per aspera ad astra!". Das wussten schon die alten Römer, "auf rauen Wegen zu den Sternen". Zum Abschluss der Stunde sollten wir Schulhunde zeigen, dass wir so gut wie der Lehrerhund hören und auf direktem Weg durch die Meute zu unserem Frauchen rennen. Es hat bei allen in der Gruppe erstaunlich gut geklappt, aber ich habe den Vogel abgeschossen. Ich bin so direkt zu meinem Frauchen geeilt, dass ich über alle Hunde, die im Weg standen und über eine geringere Stockhöhe als 40cm verfügten, gesprungen bin. Das fanden wieder alle lustig.

Im Gegensatz zu mir hat mein Frauchen ein Maßregelung kassiert. Unser Oberlehrer sagte ihr, dass er sie für eine sehr gute Hundeführerin halte. Mein Frauchen richtete sich stolz auf und bedankte sich. Dann sackte sie wieder in sich zusammen und  fragte:"Aber??".  Und, was ich schon immer bemängelt habe: Mein Frauchen ist einfach zu emotional. Sie würde uns durch zu heftige oder laute Kommandos verunsichern. Ashley nähme sie sogar das Selbstbewusstsein, wenn sie - wie in seiner Stunde passiert - auch noch knatschen würde, wenn Ashley zu ihren Füßen liegt, nachdem er vom Steg gepurzelt war. Jetzt versucht mein Frauchen, ihre Emotionen zu unterdrücken und ruhig (und meistens vernünftig) mit uns zu reden. Auch mal schön, wenn der Kopf des Frauchens raucht!

Dein neuer Mantel ist richtig schick. Die Farbe passt ausgezeichnet zu Deinem Fell und der Schnitt schmeichelt Deiner Figur. Aber, was sage ich, Du könntest wirklich alles tragen. Und Du wirst Dich bei Regen vor Verehrerinnen nicht retten können. Pass nur auf, dass Du trotz meiner Worte auf dem Boden bleibst. Ich möchte Dir nicht die Worte zurufen müssen, die der römische Prokonsul Porcius Festus nach dem Bericht in der Apostelgeschichte dem Apostel Paulus von Tarsus zurief:

"Paulus, Du rasest!"

Obwohl, warum eigentlich nicht? Wir rasen ja nur über die Felder....

Deine Letti

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