Dienstag, 10. Januar 2012

10.01.2012

Von allen Geschenken, die uns das Schicksal gewährt, gibt es kein größeres Gut als die Freundschaft - keinen größeren Reichtum, keine größere Freude.
                                       Epikur von Sames

Liebster Poahly,

ich bin wirklich gerührt. Dass Du mir Deinen Teddy schenken möchtest, das ist wirklich reizend. Aber ich kann das nicht annehmen. Es sind doch Deine Geschenke. Und, wenn ich ehrlich bin, spiele ich gar nicht so gerne mit Stofftieren. Vielleicht liegt es an meinen Lefzen, dass ich wie Ashley auch nicht viel apportieren möchte. Trotzdem: Ich nehme den guten Willen für die Tat und werde mich ewig an Deine Großzügigkeit erinnern.

Ein wenig muss ich mein Frauchen sogar in Schutz nehmen. Selbst unsere Zweibeiner schenken sich gegenseitig nichts zum Weihnachtsfest, sondern stellen nur den Baum auf und füllen sich die Mägen voll. Die kaufen sich ihre Sachen immer in dem Moment, an dem sie Lust darauf haben. Und dann fällt ihnen an Festtagen nichts Passendes mehr ein. Auf das Jahr betrachtet kommen so schon eine Menge Sachen zusammen, und das ein oder andere fällt auch für uns Hunde ab.

Es war ja sicherlich eine Fangfrage, mit der Du mein Wissen testen wolltest. Selbstverständlich weiß ich, dass Dein Frauchen in der Stadt in einer Kabine verschwunden ist, um Kleidung zu kaufen. Menschen brauchen viel Kleidung, weil sie nie ohne welche herumlaufen. Die müssen sogar im Sommer ihre Fußsohlen mit Leder schützen. Menschen sind da ganz anders als wir Hunde. Wir laufen höchstens mal bei Regen oder Kälte mit einem Mäntelchen herum. Warum eigentlich...

Man braucht sich nur mal die menschliche Haut anzuschauen. Siehst Du da etwa Fell, wie bei uns? Nein! Aber wenn man genau hinschaut, behaart sind die Menschen auch. Und vor laaanger Zeit hatten die damaligen Urmenschen sogar ein Fell. Das hat sich im Laufe der Zeit leider zurückgebildet. Die Wissenschaftler wissen heute immer noch nicht, warum.

Menschen sind die einzigen Säugetiere, bei denen Kopf- und Körperbehaarung unterschiedliche Wachstums- und Entwicklungsmodalitäten aufweisen. Bei der Körperbehaarung ist der Wachstumszyklus begrenzt, z.B. bei den Beinhaaren auf zwei Monate, den Achselhaaren auf 6 Monate. Diese Sorte Haar fällt nach der entsprechenden Zeitspanne aus und ist demzufolge viel kürzer als das Kopfhaar.

Obwohl die Menschen bei oberflächlicher Betrachtung ziemlich nackt aussehen, haben sie bis auf ganz wenige Stellen (Handinnenfläche, Schleimhäute) das sogenannteVellushaar. Dieses ist ein markloser, unpigmentierter Flaum. Während der Pubertät bildet sich an manchen Stellen der Menschen aus dem Vellushaar das Terminalhaar. Das ist markhaltig und individuell pigmentiert. Eine unverfängliche Stelle, an der man Terminalhaar finden kann, ist die Achselhöhle. Die weiblichen Zweibeiner sind aber andauernd damit beschäftigt, es wegzurasieren. Die anderen Körperstellen, wo Terminalhaar vorkommt, - hüstel - kann Dir Dein Herrchen beschreiben. Der Grad der Körperbehaarung ist abhängig vom Geschlecht, der genetischen Disposition, dem hormonellen Status und dem Lebensalter.

Welchen Nutzen haben Haare im Allgemeinen? Sie vergrößern die Oberfläche der Haut und verstärken deren Sensibilität. So soll das Vellushaar am menschlichen Körper geblieben sein, weil die feinen Haare einen Schutz vor Ungeziefer und krabbelnden Parasiten böten. Der Flaum erschwere das Auffinden einer passenden Einstichstelle und mache die Haut sensibler.

Bei uns Hunden ist es etwas einfacher. Wir haben zwar unterschiedliche Fellarten - Kurzhaar, Drahthaar, Langhaar, etc. - aber fast immer haben wir eine Sorte Fellhaar am Körper. Zusätzlich haben wir um die Schnauze herum Tasthaare, die sogenannten Vibrissen. Und die sind für uns Hunde extrem wichtig. Sie sind starrer als das normale Körperhaar und sitzen tiefer in der Haut als die übrigen Haare. Wir nutzen die Tasthaare als Frühwarnsystem. Sie sind so empfindlich, dass sie nicht mal berührt werden müssen, um zu funktionieren. Luftwirbel reichen uns zur Wahrnehmung von Gefahren aus. So sollten gerade Pudel darauf achten, dass deren Frauchen und Herrchen die Tasthaare nicht wegen einer Modeschur abrasieren, sie berauben die armen Hunde dadurch einer wichtigen Informationsquelle. Denn: 40% des für den Tastsinn beanspruchten Teils unseres hündischen Gehirns ist für den Gesichtsbereich reserviert!! Zum Glück sind Deine Rudelchefs beim Frisieren nicht so dumm.

Ein paar Ausnahmen gibt es bei den Hunden bezüglich der Körperbehaarung aber auch. Es gibt einige Nackthundrassen. Unter anderem gibt es den Xoloitzcuitle (falls Du mal einen triffst, versuch gar nicht erst, ihn mit seinem vollständigen Namen anzusprechen, sondern sprich einfach in der dritten Person mit ihm), ein mexikanischer Nackthund. Den gibt es schon seit über 4000 Jahren, er ist also keine Qualzüchtung der Menschen. Den mexikanischen Nackthund und auch den peruanischen gibt es in verschiedenen Größen und Hautfarben, es gibt sogar Nackthunde mit Ganzkörperfell (warum der dann Nackthund heißt, kann nur mit der Denkweise von Menschen erklärt werden...). Die Nackthunde gehören zu den Hunderassen des Urtyps, sie sollen einige ursprüngliche Verhaltensweisen bewahrt haben. In der Rassebeschreibung steht, dass sie u.a. "intelligent und selbstsicher" sind. Ehrlich, Poahly, wenn ich so aussehen würde, bräuchte ich auch eine Menge Selbstsicherheit...

Die Nacktheit soll sogar Vorteile haben. Parasiten könnten sich nirgendwo festhalten. Beim Menschen haben sie geschrieben, dass das Vellushaar geblieben ist, weil es den Parasiten die Suche nach einer passenden Einstichstelle erschwert. Bei den Nackthunden ist es plötzlich ganz ohne Haar besser. So ganz stichhaltig (wie passend bei Parasiten, die sich in die Haut bohren) scheint mir die Argumentation in dieser Frage nicht.

Und noch eine Ungereimtheit ist mir aufgefallen. Zumindest die hellhäutigen Nackthunde sollten langsam an die Sommersonne gewöhnt und mit Sonnenschutzlotion versorgt werden. Die Tiere kommen doch aus dem sonnigen Mittel-und Südamerika. Und in der heutigen Zeit müssen sich an die Sonne gewöhnen? Wo hatte die Hunde vor 4000 Jahren in Mexiko das Sonnenschutzmittel her?!?

Na gut, jetzt wissen wir, warum Dein Frauchen und alle anderen Menschen Kleidung brauchen. Definiert wird Kleidung als die Gesamtheit aller Materialien, die als künstliche Hülle den menschlichen Körper mehr oder weniger eng anliegend umgibt. Kleidung wird  seit ca. 75 000 Jahren regelmäßig getragen. Dies legt der Anthropologe Alexander Pashos aufgrund des Auftretens der Kleiderlaus fest. Kleidung bietet einen Schutz vor Umwelteinflüssen, und ermöglicht die nonverbalen Kommunikation. Entsprechend klimatischer, individueller und modischer Bedürfnisse hat sich die Art der Kleidung unterschiedlich entwickelt.

Kleidung kann verschiedene Funktionen haben. Die wichtigste ist wohl die physiologische Schutzfunktion, vor Unterkühlung und Erfrierung; Hitzeschaden oder Sonnenbrand; sie kann in Form einer kugelsicheren Weste Verletzungen vorbeugen. Schlecht geschnitten kann sie aber auch Verletzungen zufügen, z.B. durch Abschnürungen. Viele Hunde können ein Lied von Stachelhalsungen und Zughalsbändern singen.

Kleidung kann aber auch eine haptische oder sinnliche Erlebnisfunktion haben. Menschen wie Hunde kuscheln gerne in weichen Materialien.

Sehr wichtig ist auch die soziale Bedeutung. Kleidung ist ein Kommunikationsmittel. Das fängt bei Signalwesten an. Deren Neonfarbe soll zur Beachtung des Trägers führen und Gefahren vermeiden. Trikots im Sport lassen die Mannschaftszugehörigkeit erkennen, und Uniformen helfen, Freund und Feind zu unterscheiden.

Für den einzelnen Zweibeiner hat Kleidung eine unterschiedliche Bedeutung. Manche Menschen legen Wert auf Mode und Markenware, oder sie haben ein bestimmtes Schönheitsbewusstsein. Andere legen Wert auf Gebrauchsfunktionalität und wollen sich einfach nur wohlfühlen. Ihre Motive können Pragmatismus sein, Genussstreben, der Wunsch nach Integration, Imponierverhalten, und, und, und...

Wenn die Menschen sich fertig eingekleidet haben, sind meistens die Hunde dran. Diamanthalsbändchen für die Schoßhündchen, Nietenhalsbänder für die Großen, Schleifchen im Haar - da weiß man schon im Voraus, was am anderen Ende der Leine hängt.

Ist Dein Frauchen bei der Anprobe eigentlich fündig geworden??

Zum Glück hat die Hundeschule wieder angefangen. Die Ferien waren stinklangweilig. Ich war glücklich, dass ich in Ashley zusätzliche Montagsstunde durfte. Es ist eine riesige Gruppe, und beim Spielen war ich noch etwas verschüchtert. Dann haben wir Hundesport gemacht. Poahly, ich bin im Affenzahn über die Geräte. Der Steg ist unter meinem Tempo hin- und hergeschwankt, das war aber nicht schlimm. Ich bin einfach von oben heruntergehüpft, habe im Flug leider mein Frauchen angerempelt. Sie ist aber nicht gefallen. Und dann hieß es vor jedem Durchgang: "Bei Scarlett auf Langsamkeit achten!".

Kurz habe ich mich mit einem Mitstreiter in die Haare gekriegt. Mein Frauchen hatte mich an der Leine, als mich der Kerl angemotzt hat, ... naja, ich war auch gereizt. Der Oberlehrer sagte zu meinem Frauchen "Leine fallen lassen", damit wir uns aussprechen. Und dann habe ich meinem Kontrahenten derart die Leviten gelesen, dass er mich danach nicht mehr belästigt hat. Und der Oberlehrer hat gesagt, ich hätte alles richtig gemacht. Netter Kerl, der Oberlehrer...

Heute in Ashleys Stunde habe ich nur zugeschaut. ich wollte auch etwas zum Unterricht beitragen und habe demonstriert, wie beim Hund die aktive Demut ausschaut. Mein Frauchen wurde gefragt, welche Zeichen sie in meiner Körperhaltung erkennt. Sie hat erzählt und erzählt, aber der wichtigste Punkt ist ihr nicht aufgefallen. Dabei habe ich mich so angestrengt, echt. Meine Ohren waren das Wichtige, was sie übersehen hatte. Und jetzt kommt's! Im Auto sagte sie mir, dass ihr meine Ohren schon aufgefallen seien, sie wären ja so riesig, dass man sie nicht übersehen könne. Aber es hätte ihr mal jemand gesagt, ...DAS ICH ABSTEHENDE OHREN HÄTTE! ... So hätte sie sich beim Anblick meiner Ohrmuscheln nichts gedacht. Ob das so was werden kann mit dem Hundetrainer-Assistenten??? Ich habe meine Zweifel. Auch wenn das Frauchen mir jetzt weismachen will, dass das mit den abstehenden Ohren ein Scherz gewesen sein soll.

Aber ich lehne mich entspannt zurück und genieße den Schulbeginn. Schließlich muss ich in nächster Zeit keine Prüfung mehr machen, im Gegensatz zu meinem Frauchen.... :o))

Viele Grüße
Letti

Gute Nacht!
PS: Selbstverständlich habe ich mein Wissen wieder bei Wikipedia erschnüffelt!

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