Montag, 30. Januar 2012

30.01.2012

Wer heutzutage Karriere machen will, muss schon ein bisschen Menschenfresser sein!
                    Salvatore Dali

Hi, Poahly,

das ist doch mal ein Einleitungszitat, was!?! Und es stammt nicht mal von einem Hund! Es hat mir einfach nur gefallen und steht keinesfalls im Bezug zu irgendwelchen Vorkommnissen in meinem häuslichen Umfeld - damit nicht wieder irgendwelche Legenden entstehen...

Ashley bedankt sich recht herzlich für Deine Dichtkunst. Er meinte, dass Du ein sehr genauer Beobachter bist. Und wir haben tatsächlich an seinem Geburtstag ein Mega-Päckchen bekommen. Zwei neue Decken und einen großen Berg Knabberware. Leider müssen wir uns die Sachen einteilen. Mit der neuen Decke bin ich gar nicht zufrieden. Sie ist noch steif und ich habe große Probleme, sie zu einem Knäul zusammenzupressen. Ashley dagegen ist hochzufrieden. Schließlich entstehen in der neuen Decke kaum Falten und er kann gut schlafen. Ich bin mir aber sicher, das ändert sich mit der Zeit.

Ich habe interessiert Deinen Bericht zum prollenden Gegenüber gelesen und Deine verständliche Reaktion darauf. Ich kann dem Hundetrainer nur zustimmen, dass Dein Frauchen Dich von solchen Meckerfritzen fernhalten sollte, damit Du Dich nicht genötigt fühlst, ihnen die Meinung zu sagen. (Wobei ich der Meinung bin, dass Du, als gut sozialisierter Hund, auch die richtigen Worte finden würdest, die die meisten Menschen nur nicht richtig verstehen wollen)

Aber, dass der Trainer sagt, dass Spielen bei Hunden meistens kein richtiges Spiel sei, sondern nur ein Kampf und viele Hunde dabei nicht zimperlich sind, das halte ich nicht für richtig. Mein Frauchen kennt noch eine andere Hundeschule, in der das Spielen von Hunden nicht erlaubt ist, aus demselben Grund. Wir vertreten die andere Lehrmeinung. Hunde sollte spielen.

Natürlich ist das Hundespiel ein Kräftemessen, was auch sonst? Worauf kommt es beim Spielen an? Ein Spiel muss ein Spiel bleiben und darf nicht zum Beschädigungskampf ausarten. Das richtige Verhalten dafür muss schon im Welpenalter trainiert werden!

Denn, Poahly, wenn die Menschen mal ehrlich zu sich sind, was machen sie selbst? Auch die Zweibeiner haben einen Heidenspaß daran, ihre Kräfte zu messen. Sie nennen das Sport. So kann man unser körperbetontes Spiel ohne Zweifel mit ihrem Ringen, Judo oder Boxen vergleichen. Sie spielen Bällchen - etwas komisch,  gebe ich zu - weil da 22 Mann auf einen Ball treten (Fußball). Es kann sogar passieren, dass sie vorher noch versuchen, sich über den Haufen zu rennen (Rugby). Sie jagen sich auch hinterher, nur meistens laufen sie in einem Stadion über eine 400m lange Bahn (Leichtathletik). Wollt Ihr nicht auch so schnell wie möglich den Agility-Parcours absolvieren, schneller als Eure Mitstreiter?

Menschen fahren kreuz und quer über den Globus und messen ihrer Stärken auf unterschiedlichen Treffen. So wurden im Jahr 1894 auf Anregung von  Pierre de Coubertin die Olympischen Spiele als Wiederbegründung der antiken Festspiele beschlossen.

Die antiken Festspiele fanden zwischen 776 v.Chr.- 393 v.Chr. alle vier Jahre auf dem heiligen Hain von Olympia in der Landschaft Elis auf der griechischen Halbinsel Peloponnes statt. Herausragende Athleten waren, um nur einige zu nennen, Milon von Krotos und Timasitheos ebenso von Krotos. Theogenos gewann 480 v.Chr. im Faustkampf und 476 v.Chr. im Pankration. Das ist eine Kombination aus Ringen und Boxen.

De Coubertin wollte, dass die Jugend der Welt sich im Sport trifft und nicht im Krieg. Sollte das nicht auch für uns Hunde gelten?

Nicht nur bei den olympischen Spielen trifft sich die Elite der Welt, nein, es gibt noch Weltmeisterschaften, die vor den jeweiligen Weltverbänden ausgetragen werden und - last but not least - kämpft man im Vereinssport um einen Weltpokal (ich hoffe, dass ich bei Deinem rasanten Aufstieg in Sachen Agility bald einen solchen neben Deinem Bett finde :-D).

Warum klappt es meistens bei den Zweibeinern mit dem Sport (Ausnahmen bestätigen die Regel, und Betrüger gibt es bei allen Lebewesen). Warum hauen sich die Menschen nicht die Köpfe ein, um an den Pokal/die Medaille zu kommen? Besser als wir Hunde sind sie definitiv nicht. Nein, die Menschen haben Regeln aufgestellt, an die sie sich halten müssen. Und es ist bei Wettkämpfen immer mindestens ein Zweibeiner dabei, der die Einhaltung der Regeln überwacht. Der oder die Aufpasser heißen Schiedsrichter.

Eine Regel ist eine für einen bestimmten Bereich verbindlich geltende Richtlinie. Bezogen auf unsere Ausführungen sind dies Regeln für das soziale Verhalten, die "Benimm- oder Spielregeln". Der schweizer Entwicklungpsychologe Jean Piaget führt Geltung und Befolgung von Regeln auf die Achtung vor der Gruppe und der Achtung vor sich selbst zurück. Was für Mensch und Hund bedeutet, nicht nur sich selbst zu sehen, sondern auch ihre Gegenüber.

Viel verständlicher beschreibt diese Notwendigkeit die sogenannte "goldene Regel". Sie ist ein alter Grundsatz aus der praktischen Ethik:

"Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt willst werden!"

Die Europäer prägten diesen Begriff für die in der Bibel überlieferten Regelbeispiele, die das Tora-Gebot der Nächstenliebe als allgemein gültiges und einsehbares Verhalten auslegten. Aus der goldenen Regel entwickelte sich das gereimte Sprichwort: "Was du nicht willst, dass man dir tu', das füg' auch keinem anderen zu". Ähnliche Merksprüche findest Du in der ganzen Welt und in allen Kulturen. Mein Liebling Konfuzius hat z.B. gesagt: "Das ist, gegenseitige Rücksichtnahme (shu). Was man mir nicht antun soll, will ich auch nicht anderen Menschen zufügen.". Im Hinduismus heißt es: "Man soll niemals einem anderen antun, was man für das eigene Selbst als verletzend betrachtet. Dies, im Kern, ist die Regel aller Rechtschaffenheit."

Einen wichtigen Aspekt findet man noch im Zoroatrismus, eine zwischen 1800 v.Chr. und 600 v.Chr. vermutlich im Osten des iranischen Hochlandes entstandene monotheistische Religion. Der Religionsstifter war Zarathustra. Das Hauptziel des Zoroatrismus heißt: "...eins ist somit, anderen alles das nicht anzutun, was einem selbst nicht wohl tut, das zweite ist, voll zu verstehen, was wohlgetan und was nicht wohlgetan ist...".

Und jetzt kommen wir zu meinem Hauptanliegen. Menschen müssen verstehen, wie wir Hunde spielen und was kein Spiel mehr ist. Nur weil wir mal laut Knurren, wollen wir unseren Sparringpartner noch lange nicht verletzen. Wenn ein Hund unter einem anderen liegt, kann das genauso ein Spiel sein, wie es das ist, wenn ein Ringer seinen Kontrahenten auf die Matte gezwungen hat.

Natürlich müssen wir Hunde das Spielen erst richtig erlernen. Weil wir nicht mehr in einem Hunderudel leben, müssen die Menschen den Part des Erziehers übernehmen. Wie in der Menschenschule, sollten die Lehrer aber auch etwas davon verstehen. Wenn in der Welpenstunde ein Halbstarker unfair spielt und mobbt, muss er natürlich seine Grenzen aufgezeigt bekommen. Aber hier gilt: Maßregelung in der richtigen Art und zum richtigen Zeitpunkt. Mein Frauchen sieht in der Welpenstunde manchmal Zweibeiner, die meinen, ihren Welpen von allem fernhalten zu müssen. Die Trainer erklären dann ausführlich, warum sie sich in der entsprechenden Situation so verhalten wie sie es getan haben und nicht anders. Und sie erklären auch den Besitzern ihr Tun, wenn ein Rabauke gemaßregelt werden muss. Manchmal ist das nicht einfach, weil die Menschen zuviel menschliches Verhalten in ihren Hund hinein interpretieren. So durfte mein Frauchen bislang auch erst Anleitungen zum richtigen "Sitz" und "Platz" geben. Das Hundeverhalten beurteilen darf sie alleine noch nicht, sie soll nur Anweisungen befolgen. Und das ist auch gut so!! Aber das Frauchen hat einen Heidenspaß, wenn sie sieht, wie aus einem eingeschüchterten Welpen nach zwei/drei Stunden ein aufgewecktes Kerlchen geworden ist, das gleichberechtigt in der Gruppe herumtobt.

Wie man in älteren Posts nachlesen kann, habe ich ja auch einige Fettnäpfchen in meinem Leben ausgetreten. Und ich musste lernen, dass ein solches Verhalten nicht akzeptiert wird. Ich weiß jetzt, dass ich mir manche Dinge nicht erlauben darf und mich an Regeln (s.o.) halten muss. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich die Verbotsliste mit der Zeit noch etwas verlängern wird. Aber ich darf mich mit anderen Hunden auseinandersetzen, und das ist ein schönes Leben. Trotzdem werde ich immer Nietzsche Aussprüche mahnend vor Augen behalten:

"Die Lust tritt auf, wo das Gefühl der Macht ist"

"Blas dich nicht auf: Sonst bringt dich zum Platzen schon ein kleiner Stich!"

Wie wichtig das Erkennen von Hundeverhalten ist, haben wir letzte Woche erlebt. Wir treffen zwei Hundebekannte mit einem netten Herrchen. Mein Frauchen und der Mann unterhielten sich, der kleine Hund bellte mich an und der etwas größere blieb auf Abstand zu mir (der Abstand verringert sich aber von Treffen zu Treffen). Der Mann möchte etwas Gutes tun, beugt sich über seinen Hund, schaut ihm direkt in die Augen und streicht ihm über den Rücken. Dabei drückt er ihn mit dem Hinterteil gegen seine Beine. Der Hund fühlte sich vom Herrchen in die Enge getrieben - er konnte nicht mehr nach hinten ausweichen - und durch das über ihn gebeugte Herrchen bedroht. Sein Bellen war nicht mehr nur Bellen, es wurde panisch. Mein Frauchen hat den Mann dann schnell gebeten, sich aufzurichten. Er guckte etwas verwundert, weil er eigentlich nur vorhatte, mich - Scarlett - vor dem Bellen zu schützen. Das Frauchen hat es erklärt, und danach standen wir noch eine Weile herum. Der Hund bellte, ich guckte, und alles war gut.

Poahly, nicht nur wir, auch die Menschen müssen noch viel lernen!
Echt!

Scarlett

PS: Auch diesmal sei Wikipedia gedankt, für die vielen Informationen.

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